Notice: Trying to get property 'alias' of non-object in /mnt/web108/c2/53/5273653/htdocs/components/com_k2/router.php on line 292 Einfach die höheren Standards!
IMS Consulting
Saturday, 19 March 2016 11:03

Einfach die höheren Standards!

Georgios Zervas
Wie wäre es, wenn man die TTIP-Verhandlungen einfach in diese Richtung wendet: EU und USA verständigen sich jeweils auf die höheren Standards. Schöner Traum? Immerhin schlägt genau dies der langjährige WTO-Chef Pascal Lamy vor. Und warum nicht gleich den nächsten, ebenfalls ohnehin letztlich unumgänglichen Schritt tun und Standards setzen, die ökologisch und sozial wirklich nachhaltig sind?

In einem Interview in der Wirtschaftswoche vom 11. März antwortete Lamy auf die Frage, wie Europa und die USA denn jemals zu gleichen Standards kommen könnten: „Das wird nur funktionieren, wenn beide das jeweils höhere Niveau übernehmen. Die Anpassung muss nach oben stattfinden. Das hat die EU-Kommission, die für die 28 EU-Mitgliedsländer die Verhandlungen führt, nun klargestellt – sehr spät.“

Lamy begründet, warum es nur so gehen kann: Bei früheren Verhandlungen ging es vor allem um Zölle. Da war es möglich, Tauschgeschäfte nach dem Muster abzuschließen: Wenn Du Deine Zölle für A senkst, senke ich meine für B. Bei TTIP geht es um Standards. Da kann man nicht Standards für Feuerzeuge gegen Standards für Autostoßstangen verhandeln. Es bleibe nur der Ausweg für eine grundlegend andere Logik. Laut Lamy sei dies nun bei der EU-Kommission verstanden worden, auch Merkel habe verstanden, bei Cameron und Hollande sei er sich noch nicht so sicher.

Wenn die engagierte Zivilgesellschaft die von Lamy skizzierte Gunst der Stunde wahrnehmen will, sollte dies zur öffentlichen Forderung erhoben werden:

Einigt euch prinzipiell auf die jeweils höheren Standards!

Natürlich müssten sich dann beide Seiten immer noch einig werden, was die höheren Standards sind. Nach Lamys Einschätzung sind jeweils bei einem Drittel die EU-Standards beziehungsweise die US-Standards höher und beim dritten Drittel sind beide auf gleichem Niveau. So besteht die Chance, dass die zivilgesellschaftlichen Organisationen auf beiden Seiten des Atlantiks die ihnen wichtigen und meist auch tatsächlich besseren Standards für beide Seiten durchsetzen können. Und das Ergebnis könnte dann als guter Maßstab für den Rest der Welt wirksam werden.

Aber reicht das? Sind denn die Standards der jeweils "standardstärkeren" Seite angemessen oder wäre dies schlicht das Maximum an Erreichbarem? Auf beides lautet die Antwort: Nein. Wir sollten und wir können die Gunst der Stunde, die Lamy beschrieb, für deutlich mehr nutzen. Warum?

Einigt euch auf weltweit sinnvolle öko-soziale Standards!

Erstens: Bisher wurden bei den Standardsetzungen in der EU und in den USA ganz offensichtlich viel zu einseitig technische, gesundheitliche und ökologische Standards in den Blick genommen, auch wenn letztere ebenfalls noch "Luft nach oben" haben. Kaum bis gar nicht berücksichtigt wurde die Frage, unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden. Immer mehr Konsumenten und NGOs verlangen jedoch auch die Einhaltung sozialer Mindeststandards. Stundenlöhne von einem Vierteldollar oder -euro in den Herstellungsländern hinzunehmen, ist nichts als institutionalisierte Asozialität, ist "legales" modernes Sklaventum, eine gigantische Schande für die gesamte Menschheit und an vorderster Front für die reichen Länder. Warum nicht bei TTIP einen globalen Mindestlohn von einem Dollar pro Stunde festschreiben? Die addierten Märkte von USA und EU sind so groß, dass dies im Effekt zur globalen - und damit wettbewerbsneutralen - Einführung des wichtigsten sozialen "Standards aus der Armutsfalle" führen würde.

Zweitens: Einem globalen Mindestlohn - verbunden mit einigen weiteren sozialen Standards, die in internationalen Vereinbarungen längst artikuliert und ratifiziert sind und nur noch nicht zu globaler Verbindlichkeit geführt wurden - könnte kein global agierndes Unternehmen mehr ausweichen, wenn dies über TTIP als Standard festgelegt würde. Die auf einem solchen Weg fixierten sozialen Standards würden im Effekt global fixiert und genau dadurch hätte kein Unternehmen mehr Probleme damit, denn: Sie wären wettbewerbsneutral! Und mehr noch: Ein solcher Schritt wäre der bisher größte und effektivste globale Marshallplan mit dem Effekt eines sozialen Weltwirtschaftswunders. Davon würden die gesamte Weltgesellschaft und nicht zuletzt auch die gesamte Weltwirtschaft massiv profitieren. Mit anderen Worten: Wir brauchen eine öffentliche Diskussion über wirklich wirksame "Ursachenbeseitigung" für globale Migration und sonstige Erscheinungsformen sozialer Missstände. Ein globaler Mindestlohn von einem Dollar pro Stunde würde sehr viele solcher Ursachen schnell hinwegfegen.

Von Geheim- zu Gemeinwohl-Verhandlungen

Auch zu den Geheimniskrämereien bei den TTIP-Verhandlungen findet Pascal Lamy übrigens klare Worte: „Diskussionen über Standards können nur funktionieren, wenn man mit offenen Karten spielt.“ Dies kombiniert mit der klaren Orientierung auf höhere Standards könnte eine neue Perspektive eröffnen. Damit würden Geheim-Verhandlungen mutieren zu dem, was zukunftstauglich ist: Gemeinwohl-Verhandlungen!








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